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“Taproot”-Update für den Bitcoin schafft mehr Privatsphäre

Interview mit Philipp Sandner

Philipp Sandner – Foto: Soryna Reusswig, Frankfurt School of Finance & Management – CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=76069355

Philipp Sandner ist Deutschlands führender Bitcoin-Expterte und Professor an der Frankfurt School of Finance & Management

Frage: Was macht die Bedeutung des Taproot-Updates in der Bitcoin-Blockchain aus?

Sandner: Aus meiner Sicht ist das wichtigste die sogenannten Schnorr-Signaturen. Dadurch wird quasi das Thema Transparenz und Transaktionsausführung neu gedacht, so das potenziell z.B. auch anonyme Transaktionen möglich wären. Diese neuen Signaturen schaffen mehr Privatsphäre.

Bislang ist das Bitcoin-Netzwerk so aufgesetzt, dass quasi alle Transaktionen öffentlich angeschaut werden können in dem Blockchain-Ledger, also dem Hauptbuch der Blockchain. Hier besteht die Möglichkeit, alle Transaktionen anzuschauen. Man kann mit dem Blockexplorer da reingehen und diese Transaktionen nachvollziehen.

Bislang war es fast immer so, dass jede Transaktion einzeln durch einen private Key signiert werden muss. Transaktionsinitiator und Transaktionssignierer waren dieselbe Person. Durch diese sogenannten Schnorr-Transaktionen wird ein Bündel von Transaktionen mit einer einzelnen Signatur freigegeben. Dadurch kann man teilweise nicht immer sehen, wer eine einzelne Transaktion oder ein Bündel davon autorisiert hat.

Das bringt Effizienzvorteile, erzeugt aber auch den Fakt, dass vielleicht eine Transaktion abläuft, bei der man nicht immer sofort weiß, wer dahintersteckt. Das ist ein Nachteil bei der Transparenz. Auf der anderen Seite ermöglicht es aber auch einen höheren Transaktionsdurchsatz, neuartige Transaktionsansätze und auch einen geringeren Speicherplatz.

Frage: Werden sich Bitcoin und Ethereum jetzt ähnlicher, weil nach Taproot auch Smart Contracts möglich sind?

Sandner: In Sachen Smart Contracts und Bitcoin-Blockchain sehen wir jetzt erste Schritte, Ethereum ist hier aber schon wesentlich weiter, weil es hier eine komplette Programmiersprache gibt. Es gibt bei Ethereum über 100.000 Programmierer. Bei Bitcoin entsteht diese Möglichkeit ja jetzt erst ganz langsam. Vom Zeitablauf her hinkt Bitcoin hier schon einige Jahre hinterher. Aber das Potenzial ist schon vorhanden. Bitcoin hat bis dato eben andere Vorteile, zum Beispiel wurde Bitcoin als nationale Währung von El Salvador festgelegt, nicht Ether.

Frage: Warum hat das Taproot-Upgrade nicht zu einer Spaltung der Blockchain wie 2017 geführt?

Sandner: Wenn Sie zu diesem Thema mehrere Leute fragen, werden sie unterschiedliche Meinungen hören. 2017 hat ein so genannter Blocksize-War stattgefunden. Oberflächlich betrachtet ging es bei dem Streit um die Datenmenge, die in jedem Bitcoin-Block erlaubt ist, aber es wurden auch viel tiefere Fragen aufgeworfen, wie z.B. die Frage, wer die Regeln des Bitcoin-Protokolls kontrolliert.

Vor dem 2017er-Upgrade gab es eine offene konfrontative Diskussion zwischen den Befürwortern der einen und der anderen Variante. Das hat dann zu dieser Spaltung geführt. Die Szene hat dadurch gelernt, weil letztendlich die Abspaltung von Bitcoin Cash am Ende des Tages nichts gebracht hat. Es gibt den Bitcoin. Und Bitcoin Cash ist über die Zeit hinweg einfach Monat für Monaten ein paar Positionen runtergerutscht. Eigentlich interessiert sich niemand mehr für Bitcoin Cash.

Unter dem Strich bedeutet das, dass die Abspaltung keinen sinnvollen Effekt gebracht hat. Es wurden nur die Leute verwirrt. Um dieses Risiko zu vermeiden, hat sich die Community zusammengerissen und hat gesagt: “Komm, wir versuchen das jetzt einheitlich zu machen.” Und diese Geschlossenheit der Community ist glaube ich ein wichtiger Punkt.

Diese Block-Size-Streitereien waren damals auch einfacher zu verstehen und einfacher zu kommunizieren, so dass man da auch unterschiedliche Leute für eine Position gewinnen oder hinter sich versammeln konnte als heute beim Thema Taproot.

Frage: Warum hat es von Januar 2020 bis zum Herbst 2021 gedauert, bis die Vorschläge technisch umgesetzt wurden?

Sandner: Diese Updates sind immer systemkritisch. Man hat immer Angst, dass wenn ein Update eingespielt wird, irgendetwas kaputt geht und dass das System stillsteht. Oder dass es einen unabsichtlichen Fork gibt. Das sind die Gründe, warum die Community ganz, ganz vorsichtig Updates einspielt und warum der Updateprozess teils Jahre dauert. Wegen dieser konservativen Update-Einstellung ist die Einführung der Schnorr-Signaturen schon relativ revolutionär. Die Fallhöhe wird größer. Deswegen hat man bis zum Inkrafttreten wirklich jedes Steinchen umgedreht. Und Dutzende Programmierer haben sich das fünffach angeschaut und alles noch einmal auf den Prüfstand gestellt. Das kostet sehr viel Zeit und führt zu der Wahrnehmung, dass Update nur sehr langsam eingespielt werden können.

Alle Beteiligten möchten, dass das Bitcoin-Netzwerk keinen Schaden nimmt. Alle Leute wollen das Netzwerk verbessern aber niemand möchte, dass es Schaden nimmt. Deswegen wird das Einspielen von solchen Updates relativ konservativ gehandhabt. Das ist etwas ganz anderes als eine App. Ein Beispiel: Wir wir ein Smartphone vor uns haben mit der Mytaxi-App, die von Version 1.1 auf Version 1.2 aktualisiert wird. Wenn 1.2 nicht richtig funktioniert, dann kommt Version 1.3 sofort hinterher – binnen Tagen.

Beim Bitcoin geht es darum, ein weltweites Netzwerk zu aktualisieren, das sehr behäbig ist. Es sind mehr als 10.000 Rechenknoten mehr oder weniger gleichzeitig zu updaten. Das erklärt die Angst vor Updates.

Frage: Ist die Einigkeit beim Taproot-Update auch ein Beweis für die Stabilität des Bitcoin-Systems?

Sandner: Nicht unbedingt ein Beweis für eine Stabilität, sondern eigentlich ein Beweis für die funktionierende Governance des Systems. Wir haben ein paar flippige Leute, die haben neue innovative Ideen. Dann haben wir diesen Review-Prozess, der sehr lange dauert, bis die hohe Qualität garantiert vorhanden ist. Und dann wird das Update ausgerollt. An diesem Punkt müssen die Betreiber der vielen Mining-Anlagen und die Node-Administratoren das auch noch gut finden. Eine Governance ist dann gut, wenn die Gewaltenteilung in Sinne von “Checks and Balances” funktioniert.

Das heißt, dass niemand einfach den Durchmarsch machen kann. Das ist wie bei uns in Deutschland. Sie haben die Legislative und die Exekutive. Da kann auch niemand einfach den Durchmarsch machen.

Frage: Hat er das irgendwelche Auswirkungen auf den Bitcoin-Umtauschkurs zum Dollar?

Sandner: Ex-Ante, also im Voraus sicherlich nicht. Wenn das ganze Update gut funktioniert und es keine Probleme gibt, dann werden viele Leute sicherlich erleichtert sein. Potenziell kann dann der Kurs dann steigen. Wenn aber was schief geht und das Netzwerk sich spaltet, dann ist die Verunsicherung wieder groß. Und dann schlägt es negativ auf den Kurs durch.

Frage: Derzeit werden viele Zweifel an den Stablecoin Tether geäußert, dahinter könnte sich eine große Blase befinden, die den gesamten Kryptomarkt gefährden könnte. Ist das tatsächlich die größte Gefahr die für das Kryptosystem insgesamt?

Sandner: Das ist ganz schwierig zu sagen. Das größte Risiko war bislang China. Wegen des hohen Anteils von China am Mining. Und weil immer die Frage in Raum stand, ob China das Thema Krypto verbietet oder nicht. Das ist alles schon Geschichte, weil China das Mining und den Umgang mit Kryptowährungen verboten hat. Dieses Risiko besteht also nicht mehr. Es hat sich materialisiert: Der größte anzunehmende Unfall (GAU) in Sachen China ist bereits eingetreten. Dem Preis hat das aber nicht wirklich geschadet. Dieses Risiko, das von China ausgegangen ist, war wirklich immer schon signifikant, weil China systemkritisch war. Jetzt, wo sich das chinesische Risiko aufgelöst hat, würde ich sagen, dass eines der verbleibenden großen Restrisiken tatsächlich Tether ist.

Wenn jetzt Tether implodieren würde, dann würde auch wieder eine ordentliche Verunsicherung einsetzen. Das würde auch den Wert des Bitcoin deutlich ins Minus drücken. Aber am Ende des Tages läuft der Bitcoin ja trotzdem weiter, weil die mathematischen Grundlagen dafür bestehen bleiben. Wenn der Tether implodiert, dann zieht er vielleicht einige Kryptobörsen mit in den Abgrund. Ethereum und andere würden einen Schlag bekommen. Aber der Bitcoin selbst läuft einfach weiter.

Das Risiko bei Tether ist aber schon vorhanden. Und wenn die Befürchtungen eintreffen, dann wird kurzfristig sehr viel Verunsicherung eintreten. Der Preis geht dann runter. Aber mittelfristig wird es dann auch einfach weitergehen, weil dann einfach andere Lösungen gefunden werden. Langfristig ist das alles irrelevant. Langfristig glaube ich, dass der Bitcoin Bestand haben wird. Langfristig wird der Bitcoin einfach weiterlaufen. Kurzfristig kann das schon ein signifikantes Risiko sein. Diese Zeithorizonte zu unterscheiden – was ist kurzfristig und was ich langfristig – ist daher sehr wichtig.

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