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Klimakiller Bitcoin? – Wie viel Energie die Blockchain tatsächlich verbraucht

Wie sehr schadet der Bitcoin der Umelt?

(Stand: 10. Aril 2022)

Lange Zeit waren Kryptowährungen wie der Bitcoin nur ein Thema für Nerds oder tauchten in Kriminalitätsmeldungen als Zahlungsmittel für Erpresser und Drogenhändler auf. Doch spätestens seit Tesla-Chef Elon Musk über eine Milliarde Dollar in Bitcoin investiert hat, fragen sich auch viele potentielle Investoren, die ihr Geld nicht mit Minuszinsen auf dem Bankkonto liegen lassen wollen, ob sie nicht auch persönlich an dem Boom teilhaben können.

Bitcoin-Skeptiker verweisen dann schnell auf die hohen Schwankungen, denen der Bitcoin unterworfen ist. Und die Sprache kommt schnell auf die großen Energiemengen, um im “Mining” neue Kryptomünzen zu finden. 

Selbst Musk, der mit Bitcoin-Spekulationen Milliarden verdient hat, zeigte sich im Mai 2021 alarmiert: “Wir sind besorgt über die schnellzunehmende Nutzung fossiler Brennstoffe für das Schürfen von Bitcoin- und die damit verbundenen Transaktionen”, schrieb Musk auf Twitter.

Insbesondere der Einsatz von “Kohle, die die schlimmsten Emissionen aller Brennstoffe hat”, mache ihm Sorgen. Später legte der Tesla-Chef nach und bezeichnete den Bitcoin-Energieverbrauch als “wahnsinnig”.

Elon Musk beschäftigt sich auf Twitter mit dem Energiebedarf des Bitcoin

Wie hoch der Strombedarf des Bitcoin insgesamt ausfällt, kann man nirgendwo exakt ablesen. Die Plattform Digiconomist des niederländischen Ökonomen Alex de Vries schätzt, dass jährlich knapp über 200 Terawattstunden dafür anfallen.

Bitcoin Energy Consumption Index (März 2022)

Forscher am Center for Alternative Finance der Universität Cambridge kommen auf einen niedrigeren Wert. Sie haben einen Jahresverbrauch von rund 137 Terawattstunden pro Jahr errechnet. Zum Vergleich: Die Niederlande, ein Land mit 17 Millionen Einwohnern, kommen nur auf 113 Terawattstunden.

Bitcoin Energy Consumption University Cambridge (Stand: März 2022)

Der hohe Energieverbrauch kann auch auf die konkrete Verwendung des Bitcoin herunter gebrochen werden: Der niederländische Digiconomist hat ausgerechnet, dass jede Transaktion einen Fußabdruck von 1211 Kilogramm des Klimagases CO2 hinterlässt. Das entspricht 2,7 Millionen Buchungen beim Kreditkartenanbieter Visa oder dem Konsum von rund 202 000 Stunden YouTube-Videos (Stand März 2022).

Single Bitcoin Transaction Footprints – Quelle: https://digiconomist.net/bitcoin-energy-consumption/

Der CO2-Fußabdruck des Bitcoin

Der britische Experte Mike Berners-Lee, der Bruder des Web-Erfinders Tim Berners-Lee, sagt, dass niemand heute wissen könne, ob Kryptowährungen weiter erfolgreich blieben oder untergingen. “Doch einige Leute befürchten, dass allein Bitcoin bei gleichbleibendem Wachstum die Erderwärmung innerhalb der nächsten 20 Jahre um über zwei Grad steigen lassen könnte.”

Mike Berners-Lee: Wie schlimm sind Bananen? Der CO2-Abdruck von allem, Midas Sachbuch Verlag, Zürich, 2021, 280 Seiten, 22,00 Euro, ISBN 978-3-03876-535-6

Nach Berechnung des Professors am Institut für Soziale Zukunft an der Lancaster University haben alle Kryptowährungen allein im Jahr 2019 einen CO2-Ausstoß von rund 68 Millionen Tonnen verursacht. “Und ich habe noch nicht einmal den Kohlenstoff eingerechnet, der bei der Herstellung der Maschinen, also Computer erzeugt wird.”

In nur zehn Jahren hätten Kryptowährungen bereits 0,12 Prozent des CO2-Abdrucks der ganzen Welt hinterlassen. Sie seien “wohl eine der unsinnigsten Arten des Energieverbrauchs”, ist Berners-Lee überzeugt. “Neben dem Weltraumtourismus zeigen sie wahrscheinlich am deutlichsten, dass der Appetit der Menschen nach Energie schier endlos ist”, schreibt Berners-Lee in seinem Buch “Wie schlimm sind Bananen? Der CO2-Abdruck von allem”.

Vertreter der Bitcoin-Community weisen den Vergleich des Energiebedarf beim Bitcoin-Mining mit einem kleineren Land wie den Niederlanden oder Norwegen als komplett irrelevant zurück. Der weltweite Energieverbrauch liege bei bei 160.000 Terawattstunden, sagte Darin Feinstein, Gründer des Blockchain-Infrastruktur-Unternehmens Core Scientific, am 8. April 2022 auf der Konferenz “Bitcoin 2022” in Miami. Selbst wenn man den Verbrauch der Bitcoin-Blockchain mit 220 Terawattstunden ansetze, sei das nur “ein Bruchteil eines Bruchteils eines Prozents der gesamten Weltenergie”. Dieser Wert liege auch im Vergleich zu Großindustrien wie der Automobilindustrie im Bereich eines Rundungsfehlers.

Forum “The Reality of Bitcoin Mining” auf der Konferenz “Bitcoin 2022” in Miami

Feinstein verwies auf eklatante Fehleinschätzungen zum Energiebedarf der Bitcoin-Blockchain in der Vergangenheit. So hätten Newsweek und das Weltwirtschaftsforum (WEF) im Jahr 2017 vorausgesagt, dass das Bitcoin-Netzwerk die gesamte Energie der Welt verbrauchen werde.

Newsweek hatte im Dezember 2017 mit einem Verweis auf Zahlen von Digiconomist geschrieben, dass der Energieverbrauch des Bitcoin-Netzwerks allein im vergangenen Monat um 25 Prozent gestiegen sei. “Sollte sich dieses Wachstum fortsetzen, würde das Netzwerk bis 2019 so viel Energie verbrauchen wie die USA und bis Ende 2020 so viel Energie wie die gesamte Welt.”

Gleichzeitig relativierte Newsweek diese Berechnungen aber: “Eine solche Prognose ist rein hypothetisch. Damit sie eintritt, müsste der Bitcoin seinen bemerkenswerten Wachstumskurs fortsetzen und die weltweite Energieproduktion stabil bleiben. Eine ähnliche Schätzung von ZeroHedge vom November geht von einem Termin im Februar 2020 aus, allerdings zu einem Zeitpunkt, als das Wachstum von Bitcoin noch steiler war.”

Für Feinstein steht aber trotzdem fest, dass die “Mainstream-Medien” bei der Einordnung des Energiebedarfs und den daraus resultierenden Folgen komplett falsch liegen. “Man muss verstehen, dass die Gesamtenergie, die vom Bitcoin-Netzwerk verbraucht wird, im globalen Maßstab unbedeutend ist.” Die Rechtfertigungen aus der Bitcoin-Industrie schaffen es allerdings nicht, das Thema Energieverbrauch von der Tagesordnung des öffentlichen Diskurses zu streichen.

Warum verbraucht das Bitcoin-Mining so viel Energie?

Der Energiebedarf der wichtigsten Kryptowährung ist auf die Vorgaben des Erfinders des Bitcoin zurückzuführen, der nur unter dem Pseudonym “Satoshi Nakomoto” bekannt ist. Er musste einen Weg finden, um Doppelausgaben des Digitalgeldes zu verhindern. Beim Papiergeld besteht das Problem nicht, weil jeder Geldschein aus dem Portemonnaie verschwindet, sobald er ausgegeben wurde. Aber bei digitalem Geld könnte jemand die Datei kopieren und den virtuellen Geldschein immer wieder ausgeben.

Als Lösung hat Satoshi für die Kontrolle der Bitcoin-Verwendung ein Verfahren festgelegt, das auf derLösung von mathematischen Problemen durch die “Miner” (Bergleute) beruht. Damit wird in dem Netzwerk auch sichergestellt, dass Transaktionen nicht rückgängig gemacht werden können. Man bräuchte mehr als die Hälfte der gesamten Rechenleistung im Bitcoin-Netzwerk, um es zu manipulieren und etwa einen Bitcoin doppelt auszugeben.

Die Betreiber der Rechner im Netzwerk werden für ihre Arbeit belohnt. Die Belohnung für einen über sogenannte Hash-Operationen bestätigten Transaktionsblock erhält allerdings nur derjenige, der die Aufgabe als erster gelöst hat. Das sind neben den Transaktionsgebühren aktuell 6,25 Bitcoin.

Je mehr Rechenleistung ein Miner einbringt, desto mehr Hash-Operationen pro Sekunde kann er durchführen und desto größer ist seine Chance auf das Knacken des Rätsels. Alle anderen Miner gehen jeweils leer aus – ein als sehr sicher geltendes, aber höchst ineffizientes Verfahren.

Es ist also die ungeheure Zahl parallel von tausenden Minern durchgeführter Hash-Operationen, die den enormen Energieverbrauch verursacht. Jede einzelne Bitcoin-Transaktion kann einen Strombedarf bedeuten, mit dem ein deutscher Haushalt im Mittel etwa ein halbes Jahr lang auskäme. Dabei gibt es Schwankungen: Liegt der Bitcoin-Kurs hoch, lohnt sich das Schürfen mehr – in der Folge legen sich Miner weitere Geräte zu, neue Gewinnsuchende steigen ein.

Das wiederum hat zur Folge, dass insgesamt wesentlich mehr Hash-Operationen pro Sekunde ablaufen und Blöcke in kürzerer Zeit erstellt werden. Das Bitcoin-Netzwerk reguliert automatisch nach: Die Schwere der Aufgabe – Difficulty genannt – wird so erhöht, dass wieder nur etwa alle zehn Minuten ein neuer Block geschaffen werden kann. Der Stromverbrauch steigt also, weil mehr Rechner um schwerer zu erhaltende Blöcke wetträtseln. “Der Stromverbrauch verdoppelt sich in etwa, wenn sich der Kurs verdoppelt”, erklärt der Schweizer Forscher Roger Wattenhofer.

Sollte der Bitcoin-Preis sich künftig in neue Höhen schwingen, würde der Proof-of-Work-Mechanismus noch viel mehr Strom verbrauchen. Anfang 2022 zum Beispiel boomte das Mining-Geschäft. Die sogenannte Hashrate des Bitcoin, die auf die akkumulierte Rechenleistung im Netzwerk schließen lässt, stieg auf ein Allzeithoch. Offensichtlich haben Mining-Betriebe trotz der Kurs-Achterbahn in den vergangenen Monaten stark in neue Hardware investiert, unter anderem in den USA.

Total Hash Rate Bitcoin (2019-2022) – Quelle: https://www.blockchain.com/charts/hash-rate

Kleinere Kryptowährungen wie Peercoin, Blackcoin und Nxt verwenden ein anderes Verfahren (“Proof of Stake”, PoS), bei denen die Rechenleistung der “Miner” keine Rolle spielt. Hier werden die Arbeitsaufgaben zur Blockbildung wie bei einer Lotterie vergeben. Dabei werden diejenigen Pools bevorzugt, die bereits über viele virtuelle Münzen verfügen.

Ist ein Umstieg auf weniger energie-hungrige Konsensverfahren denkbar?

In der Bitcoin-Community ist ein Umstieg auf das umweltfreundlichere Verfahren PoS nicht in Sicht. Weil der Besitz von Hochleistungsrechnern bei diesem neuen Verfahren nicht mehr entscheidend ist, lehnen die meisten “Miner” in der Bitcoin-Community einen Umstieg auf das umweltfreundlichere Konsensverfahren ab. Schließlich haben sie große Summen in ihre Technik investiert und wollen diese nicht wertlos machen.

Die “Miner” verweisen auch darauf, dass theoretisch jeder und jede an dem Wettbewerb teilnehmen kann. Daher sei “Proof of Work” (PoW) der fairste Mechanismus, eine neue Geldform dezentral in Umlauf zu bringen. Außerdem habe sich PoW als krisensicher erwiesen.

PoW sorge für einen Konsens-Status im Netzwerk, der über alle Zweifel erhaben sei. Betrügerische “Miner” müssten alleine mehr Energie aufwenden, um ihre Version der Blockchain – die etwa eine doppelte Ausgabe (Double Spend) enthält – durchzusetzen, als das gesamte Netzwerk insgesamt. “So ist PoW eine sehr elegante Lösung für ein sehr komplexes Problem: Übereinkunft über den Transaktionsstatus eines dezentralen Netzwerks, in dem sich die Teilnehmer nicht vertrauen (müssen)”, schreiben Moritz Draht und David Scheider in der Zeitschrift “Kryptokompass” (07/21).

Experten wie der niederländische Ökonom de Vries sehen allerdings vor diesem Hintergrund keine Perspektive, dass der Bitcoin irgendwann weniger Energie verschlingen wird – ganz im Gegenteil. Der steigende Kurs animiere immer mehr kommerzielle Bitcoin-Schürfer, ins Geschäft einzusteigen – auch mit älteren Rechenzentren, deren Betrieb sich bei einem niedrigeren Kurs nicht mehr gelohnt hat.

Der Wirtschaftswissenschaftler Philipp Sandner sieht hier allerdings keinen großen Unterschied zu klassischen Anlageformen wie Gold und Silber. Da werde auch die Umwelt belastet. Und wenn der Goldkurs steige, lohne es sich auch, noch mehr Diesel, Strom und Chemikalien einzusetzen, um aus bislang unrentablen Minen Gold zu schürfen, sagt der Professor an der Frankfurt School of Finance & Management. Für Sandner ist nicht die Summe der Energie entscheidend, sondern die Energiequelle.

In einem Interview mit wallstreet:online TV sagte Sandner, er habe ein großes Problem damit, wenn vorgeschrieben werde, welcher Stromkonsum moralisch in Ordnung sei und welcher Stromkonsum nicht in Ordnung sei. “Vielleicht schaut der eine oder andere abends Netflix, das kostet auch Strom – nicht nur zu Hause. Da sind im Hintergrund Rechenzentren aktiv, die unglaublich viel Strom verbrauchen. Wer konsequent ist, der darf auch kein Netflix mehr anschauen. Die Kernfrage ist, woher kommt denn der Strom, der hier verbraucht wird: Ist es Strom aus erneuerbaren Energien? Oder stammt der Strom aus Kohlekraftwerken, vielleicht auch Atomstrom oder aus Gaskraftwerken? Die Frage ist, werden hier fossile Energien eingesetzt oder erneuerbare Energie?

Stand Oktober 2021 könne man sagen, dass der Anteil der erneuerbaren Energien beim Bitcoin jetzt immerhin schon ungefähr zwischen 50 und 60 Prozent liege – je nach Analyse oder Schätzung. “Das bedeutet, dass 40 bis 50 Prozent noch aus nicht-erneuerbaren Energien kommt. Ich bin aber aufgrund der Architektur, die gerade gebaut wird, sehr hoffnungsvoll, dass der Anteil der fossilen Energien Stück für Stück zurück geht.”

Bitcoin-Mining mit Öko-Strom?

Tatsächlich ist der Energiemix in den unterschiedlichen Mining-Regionen sehr unterschiedlich. Und es hat in jüngster Zeit große Verschiebungen in der regionalen Verteilung gegeben: Bis zum Sommer 2021 dominierte die Volksrepublik China das Mining-Geschäft. Im September 2019 wurden drei von vier neuen Bitcoins in China geschürft.

Bitcoin Mining Map (September 2019)

Im Sommer 2021 zog die Staats- und Parteiführung vor dem Hintergrund einer allgemeinen Stromknappheit im Lande den Minern den Stecker. Zahlen des Centre for Alternative Finance der Universität Cambridge zeigen, dass seit August der Großteil des Bitcoin-Minings inzwischen in den Vereinigten Staaten stattfindet. Über ein Drittel der Leistung für das Bitcoin-Mining kommt inzwischen aus den USA, während China in der Statistik auf einen nicht mehr messbaren Anteil zurückgefallen ist. Deutschland steht mit einem Marktanteil von knapp 4,5 Prozent weltweit auf Platz 7.

Bitcoin Mining Map (August 2021)

Peking war auch bereits im Frühjahr 2021 mit Razzien gegen die “Miner” vorgegangen. Daraufhin begannen die Schürfer massenhaft, China zu verlassen und sich auf den Weg zu den billigsten Energiequellen der Welt zu machen.

“Das ganze Narrativ, dass China den Bitcoin kontrolliert, ist nun komplett hinfällig”, sagte Boaz Sobrado, ein in London ansässiger Fintech-Datenanalyst dem TV-Sender CNBC. Die USA erfüllten viele Anforderungen für Bitcoin-Schürfer auf der Suche nach einer neuen Heimat. So seien in Bundesstaaten wie Texas die Energiepreise im weltweiten Vergleich sehr niedrig. “Das ist ein großer Anreiz für die Miner, die in einer Branche mit geringen Gewinnspannen konkurrieren.” Der Energiemix in Texas ist dabei vor allem geprägt von Erdgas. Mit Abstand dahinter folgen Windenergie und Öl.

Um das Klima-Problem des Bitcoin in den Griff zu bekommen, kommt es also vor allem auf den Energiemix beim Mining an. Dass sich die Bitcoin-Community auf ein stromsparendes Konsensverfahren wie “Proof of Stake” einigen wird, ist dagegen unwahrscheinlich.

Auch die Konkurrenz vom Ethereum-Projekt tut sich schwer, auf “Proof of Stake” umzusteigen, obwohl das bereits für 2021 geplant war. Im Oktober 2021 passte die Ethereum Foundation die öffentliche ETH-2.0-Roadmap, die den Weg zur Umstellung auf Proof of Stake (PoS) beschreibt, erneut an: Stand dort im September noch das Jahr 2021 für den sogenannten Merge, also der Verschmelzung des Hauptnetzwerks (Mainnet) mit der Testplattform (Beacon-Chain), ist jetzt wieder 2022 vermerkt. 

Am 14. März 2022 wurde das letzte öffentliche Testnetz Kiln lanciert. Mit Hilfe von Kiln soll auf Herz und Nieren geprüft werden, ob ein Regelbetrieb im Mainnet mit PoS reibungslos laufen würde.

Während der Umstieg bei Ethereum vom “Proof of Work” auf “Proof of Stake” nur schleppend vorankommt, setzen Umweltaktivisten die Bitcoin-Community unter Druck, ebenfalls den Konsensmechanismus zu ändern. So startete Greenpeace USA Ende März 2022 eine Kampagne “Change The Code: Not The Climate”.

Wie so viele Bitcoin-Kritiker verweist Greenpeace auf den Ländervergleich der University of Cambridge und sieht Bitcoin auf einer Stufe mit dem Energieverbrauch von Schweden. Wie hoch dabei der Anteil an regenerative erzeugter Energie ist, wird dabei nicht thematisiert. Auch die erwünschte Funktion von Bitcoin-Minern, bei Angebotsspitzen in der Stromerzeugung einen gewünschten Lastenausgleich vornehmen zu können, wird nicht erwähnt.

Greenpeace behaupte außerdemt, Bitcoin allein könnte zur Erwärmung des Planeten um mehr als zwei Grad beitragen. Die Organisation beruft sich dabei auf einen Bericht in der Fachzeitschrift Nature Climate Change. Die Studie habe herausgefunden, dass Bitcoin, wenn es sich durchsetzt, genug Kohlendioxidemissionen erzeugen könnte, um den Planeten um mehr als zwei Grad Celsius zu erwärmen.

Was Greenpeace nicht sagt: Die Studie wurde längst glaubhaft widerlegt. Da Forscher-Team um Professor Camilo Mora der Uni Hawaii ist von einer Steigerung des erzeugten Stroms ausgegangen, der technisch unmöglich ist. Die Mora-Studie rechnete außerdem mit einem bis ins Jahr 2100 gleichbleibenden durchschnittlichen Energieaufwand für die Bitcoin-Miner. Dabei werden die Miner von Jahr zu Jahr viel effizienter.

“Außerdem trifft das Mora-Team in seiner Studie Annahmen, die im Widerspruch zum Bitcoin-Protokoll stehen, also heute mit Bitcoin gar nicht umzusetzen wären” schreiben die Wissenschaftler  Lars Dittmar und Prof. Dr. Aaron Praktiknjo in der “c’t”. “So rechnen die Forscher mit bis zu 314 Milliarden Bitcoin-Transaktionen pro Jahr, also etwa 10.000 Transaktionen pro Sekunde. Das ist 500 Mal so viel wie die Bitcoin-Blockchain aktuell bewältigen kann. Derzeit wäre nur abseits der Blockchain, etwa im Lightning Network, eine so hohe Anzahl an Bitcoin-Transaktionen denkbar – das thematisiert die Studie jedoch nicht.”

Ein fundamentaler methodischer Fehler der Mora-Studie sei jedoch, den vielfach überschätzten Energieverbrauch der Miner und die Zahl der Transaktionen aus dem Jahr 2017 auf die prognostizierte Anzahl von 314 Milliarden Transaktionen pro Jahr hochzurechnen, betonen Dittmar und Pratiknio. D”abei verändert sich der Stromverbrauch der Miner gar nicht proportional zur Anzahl der Transaktionen. In Wirklichkeit steigt der Stromverbrauch proportional zur Rechenleistung des gesamten Bitcoin-Netzwerks, der Hashrate. Eine Zunahme an Transaktionen führt im Gegenteil sogar zu einem proportionalen Rückgang des Stromverbrauchs pro Transaktion, wie die Einführung von SegWit im Bitcoin-Protokoll bewiesen hat. Obwohl sich das Transaktionsvolumen pro Block nahezu verdoppelte, änderte sich am Stromverbrauch des Miner-Netzes nichts.”

An der Tatsache, dass der zum Schutz vor Manipulationen verwendete Proof-of-Work-Algorithmus von Bitcoin weder umweltfreundlich noch nachhaltig ist, ändert das allerdings nichts.

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